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Bezirketagspräsident Franz Löffler: „Wir müssen die Versorgung neu denken und für die Zukunft auf solide Beine stellen“
Zweiter Tag der Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags widmet sich der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung
Verschiedene Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche durch die Corona-Pandemie besonders belastet wurden. Das hat bei vielen jungen Menschen Spuren hinterlassen. Auch in den kinder- und jugendpsychiatrischen Fachkliniken der bayerischen Bezirke ist ein steigender Bedarf zu verzeichnen, der zuvor schon hoch war. Gleichzeitig kämpfen die bezirklichen Fachkrankenhäuser wie viele andere Kliniken auch mit dem Fachkräftemangel sowie mit stetig steigenden Kosten für Energie, Material oder Dienstleistungen. Diese Herausforderungen betreffen alle Bezirkskliniken gleichermaßen – egal ob für Erwachsene oder Kinder und Jugendliche. Die Auswirkungen dieser Krise zeigen sich in der Kinder- und Jugendpsychiatrie allerdings wie in einem Brennglas besonders deutlich, da sie mengenmäßig ein verhältnismäßig kleines Angebot darstellt, in dem Veränderungen kaum ausgeglichen werden können.
Aus diesem Grund widmete sich die Fachtagung am zweiten Tag der Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags dem Thema „Krisen, Klippen, Konzepte – Kinder- und Jugendpsychiatrie im Umbruch“. Neben einer Standortbestimmung standen auch Lösungsansätze und Konzepte für eine zukunftsfähige Versorgung im Fokus. Verbandspräsident Franz Löffler stellte eingangs noch einmal klar: „Die Sicherstellung der psychiatrischen Versorgung ist für die Bezirke nicht nur ein Anliegen, sondern was die klinische Versorgung betrifft, auch ein Kernauftrag. Dennoch befinden wir uns momentan an einem Wendepunkt. Mit innovativen Ideen und neuen Konzepten müssen wir die Versorgung neu denken und für die Zukunft auf solide Beine stellen.“
Bayerns Gesundheitsminister Holetschek, der bei der Fachtagung als Redner zu Gast war, dankte den Bezirken insbesondere für ihr großes Engagement bei der Umsetzung des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes mit den richtungsweisenden Krisendiensten für Menschen in seelischer Not. Weiter führte der Minister aus: „Die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche ist ein zentrales Anliegen der bayerischen Gesundheitspolitik. Wir setzen uns deshalb verstärkt für den weiteren Ausbau dieser Angebote ein. Aktuell gibt es bayernweit 827 stationäre Betten und 527 teilstationäre Plätze für psychisch kranke Kinder und Jugendliche. Weitere 131 Betten und 54 Plätze sind bereits genehmigt, aber noch nicht in Betrieb. Mit rund 118 Millionen Euro an Krankenhausfördermitteln haben wir in den vergangenen Jahren wichtige kinder- und jugendpsychiatrische Kompetenzzentren realisiert, zum Beispiel in München, Landshut, Regensburg, Ansbach, Würzburg und Kempten.“ Der Minister ergänzte: „Klagen über fehlende Kapazitäten und mitunter längere Wartezeiten nehmen wir sehr ernst. Wir stehen deshalb kontinuierlich in engem Kontakt mit den akutstationären Trägern.“ Neben den klassischen voll- und teilstationären Versorgungsformen gelte es auch, das ganze Spektrum der Versorgungsmöglichkeiten zum Wohle der
Patientinnen und Patienten zu nutzen, wie z. B. die Stationsäquivalente Behandlung oder die sektorenübergreifenden Modellvorhaben nach § 64 b SGB V in der KJP. Holetschek fügte hinzu: „Angesichts der hohen Bedeutung der Psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) in der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung sollte auch deren bedarfsgerechter Ausbau nach Kräften vorangetrieben werden, damit Kinder und Jugendliche eine bestmögliche Versorgung erhalten.“
Eine der größten Herausforderungen stellt für Verbandspräsident Franz Löffler aktuell der Fachkräftemangel dar. Auf dem Arbeitsmarkt steht zu wenig fachlich qualifiziertes Personal zur Verfügung. Zudem sorgen strenge Personalmindestvorgaben dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bezirkskliniken nicht flexibel eingesetzt werden können. Hier sehe man auch die Landespolitik in der Pflicht. Neben einem groß angelegten Aktionsprogramm zur Gewinnung neuer Fachkräfte für Psychiatrie und Somatik, brauche es auch beschleunigte Anerkennungsverfahren für Fachkräfte aus dem Ausland sowie ein umfassendes Entbürokratisierungsprogramm im Krankenhausbereich. „Wir müssen dringend dafür sorgen, dass unsere medizinischen Fachkräfte wieder mehr am Patienten arbeiten und weniger am Computer. Hier müssen wir in Zukunft unser Potential besser ausschöpfen können. Dafür brauchen wir mehr Flexibilisierung und mehr Entbürokratisierung“, so Löffler.
Der Ausbau der ambulanten Versorgung muss ebenfalls vorangetrieben werden. Denn nur mit einem Umbau des Systems hin zu mehr ambulanter Versorgung auch durch die bezirklichen Kliniken kann dem steigenden Bedarf künftig mit dem noch verfügbaren Personal Rechnung getragen. In Bayern ist man bei der ambulanten Versorgung durch Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) bereits auf einem sehr guten Weg. 124 PIA (83 erwachsenpsychiatrische und 41 kinder- und jugendpsychiatrische Kliniken) behandeln bayernweit ca. 200.000 Erwachsene und etwa 35.000 Kinder und Jugendliche pro Jahr. Verbandspräsident Franz Löffler betonte: „Im Bereich der ambulanten Versorgung haben wir in den vergangenen Jahren bereits viel getan. Die sektorenübergreifende Versorgung zwischen ambulantem, teilstationärem und stationärem Bereich wird jedoch immer wichtiger. Deshalb dürfen wir in unseren Bemühungen nicht nachlassen.“
Die Bezirkskliniken stehen am Anfang eines großen Reformprozesses. Das hat die Fachveranstaltung deutlich gezeigt. Verbandspräsident Löffler zeigte sich dennoch zuversichtlich: „Die anstehenden Veränderungsprozesse werden den Gesundheitseinrichtungen der Bezirke einiges abverlangen. Dennoch bin ich überzeugt, dass wir das mit all unserer Erfahrung sowie zusammen mit unseren hochkompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schaffen werden.“