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Bezirketagspräsident Franz Löffler: „Wir brauchen mehr Steuerung und einen gezielten Ressourceneinsatz.“
Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags: Fachtag „Von der Vision zur Realität – 50 Jahre Psychiatrie-Enquête, und nun?“
Bad Gögging, 4. Juli 2025 – Die Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags beschäftigte sich am 4. Juli auf ihrem Fachtag mit dem Titel „Von der Vision zur Realität – 50 Jahre Psychiatrie-Enquête, und nun?“ mit den aktuellen Herausforderungen der psychiatrischen Versorgung, vor denen auch die bezirklichen Gesundheitseinrichtungen derzeit stehen. Sie blickte außerdem auf die Entwicklung der Psychiatrie in den letzten 50 Jahren zurück. Anlass war das Jubiläum des Abschlussberichts der Psychiatrie-Enquête-Kommission. Der Bericht legte 1975 den Grundstein für eine tiefgreifende Reform der Versorgung psychisch kranker Menschen in Deutschland. Damit begann sowohl ein Wandel in der psychiatrischen Versorgung als auch eine gesellschaftliche Veränderung der Wahrnehmung von psychischen Erkrankungen.
Mitte der 1970er setzten die Bezirke in Bayern noch auf große psychiatrische Krankenhäuser an wenigen, zentralen Standorten. Mit der Psychiatrie-Reform begannen sie, die psychiatrische akutstationäre Versorgung zu regionalisieren. Im Jahr 2025 halten die bezirklichen Gesundheitsunternehmen mittlerweile an über 65 Standorten psychiatrische, kinder- und jugendpsychiatrische sowie psychosomatische Einrichtungen vor. Neben der stationären Versorgung stehen auch zahlreiche teilstationäre wie ambulante Angebote zur Verfügung. Mit den psychiatrischen Institutsambulanzen nimmt Bayern in ganz Deutschland sogar eine Vorreiterrolle bei der Ambulantisierung von psychiatrischen Versorgungsleistungen ein. „Unsere Kliniken haben die Psychiatrie zu den Menschen gebracht. Die wohnortnahe Versorgung war ein wichtiger Schritt in die Normalisierung und Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen,“ machte Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags, in seinem Vortrag deutlich. Darüber hinaus verantworten die Bezirke als Kostenträger ein dichtes Netz an psychosozialen Angeboten, für das sie jährlich über 500 Millionen Euro aufwenden.
Dennoch seien die aktuellen Herausforderungen ungewöhnlich groß, so Löffler. Während die Nachfrage nach psychiatrischer und psychotherapeutischer Versorgung stetig steige, sei die aktuelle wirtschaftliche Situation extrem angespannt. Auch der Fachkräftemangel werde sich in diesem Bereich noch weiter zuspitzen. Für Präsident Löffler ist deshalb klar: „Ein „Weiter so“ und einen Ausbau an Angeboten können wir uns nicht leisten. Wir brauchen mehr Steuerung und einen gezielten Ressourceneinsatz. Nur so können wir die psychiatrische wie die sozialpsychiatrische Versorgung wirtschaftlich nachhaltig und demografiefest gestalten.“
Dabei müsse man den Fokus auch auf die schwer chronisch psychisch Kranken mit herausfordernden Verhaltensweisen legen. Hier handele es sich um eine im Verhältnis zur Gesamtzahl der psychisch Erkrankten relativ kleine Gruppe, deren Verhalten jedoch immer wieder gesellschaftliche Debatten auslöse. Gerade in diesem Bereich fehle es an Angeboten sowie an Fachkräften. „Die Unterstützungsangebote müssen daher vorrangig die Bedürfnisse der Schwächsten priorisieren“, so Löffler.
Dennoch dürfe man nicht den Großteil der psychisch kranken Menschen aus den Augen verlieren. Hier sieht Präsident Löffler vor allem in präventiven Maßnahmen und niedrigschwelligen Unterstützungsangeboten für die seelische Gesundheit eine große Chance. Die regionale Vernetzung und eine gemeinsame Verantwortung der verschiedenen Akteure sowie der kommunalen Ebenen für die Förderung der seelischen Gesundheit und das Verringern von Belastungsfaktoren sind wichtige Schritte in den verschiedenen Lebenskontexten aller Bürgerinnen und Bürger zur Verbesserung der Lebensqualität aller. „Die Psychiatrie-Enquête legte vor 50 Jahren den Grundstein für ein neues Bild psychisch erkrankter Menschen. Nicht als passive Empfänger, sondern als aktive Mitgestalter ihrer Heilung und Lebensführung. Das ist auch eine wesentliche Grundlage moderner Selbstfürsorge. Hier ist jede und jeder gefordert. So gut wir jeweils können, müssen wir bei uns selbst anfangen,“ erklärte Löffler.